Es dauerte weniger als 12 Stunden um einen Transporter voll zielgerichteter Sachspenden in Idar-Oberstein einzusammeln. Diese haben wir am 13. März nach Polen transportiert. Fünf Geflüchtete kam auf der Rückfahrt mit.
Am Abend des 9. März 2022 habe ich mit Jan Dudek von unserem polnischen Partnerclub Rotary Krakau-Wawel telefoniert. Ich war auf dem Rückweg von Luxembourg nach Idar-Oberstein. VOn Jan erfuhr ich, dass die Flüchtlingssituation in der Stadt 250 km von der ukrainischen Grenze mittlerweile sehr schwierig ist. Auf 750.000 Einwohner kommen bereits über 100.000 Flüchtlinge. Die Zivilgesellschaft ist trotz ihrer Hilfsbereitschaft am Anschlag. Ich hatte – wie viele andere auch – das Gefühl helfen zu müssen. Mir war klar, dass ich wenn dann sehr zielgerichtet helfen möchte und idealerweise mit der Rückendeckung unseres Rotary Clubs Idar-Oberstein und Unterstützung unserer Freunde in Krakau-Wawel. Florian Wurzbacher hatte mich mit seinen Fahrten inspiriert und stand mir als Berater zur Seite.
Am Samstagmorgen dem 12. März bekam ich die Bestätigung von Europcar, dass ich einen 9-Sitzer mieten könnte. Meine Firma,die ICONAG-Leittechnik GmbH aus Idar-Oberstein hatte sich schon bereit erklärt die Kosten für Auto und Sprit zu übernehmen. Kurzerhand veröffentlichte ich gegen 09:30 den konkreten Aufruf für Sachspenden unter https://idar-oberstein.rotary.de/#neues-ukraine-hilfe=20212022. Bis abends um 20:30 Uhr war der Transporter gefüllt. Am Sonntagmorgen um 06:30 Uhr ging es los. Glücklicherweise sprang mein Schulkamerad und Freund Volker Müller aus Kaiserslautern noch kurzfristig als Co-Pilot ein, nachdem mir meine Beifahrerin um 20:00 Uhr aus familiären Gründen absagen musste.
Sonntagmorgen 06:30 Uhr ging es los. Nach 12 Stunden Autofahrt kamen wir in der kleinen Gemeinde Ksiaz Wielki an, einem Ort in der Region Krakau mit 900 Einwohnern, der 140 Flüchtlinge aufgenommen hatte. Mein Freund Jan Dudek war auch vor Ort im Hotel Zameczek wo 63 Frauen und Kinder und 2 Männer untergebracht waren. Dort konnten wir unsere Sachspenden sicher übergeben. Die Frauen wünschten sich vor allem Sneaker als leichte Schuhe, da sie auf der Flucht mit festen Schuhen unterwegs waren.
Beim polnischen Abendessen samt leckerer Rote Beete Suppe besprachen wir mit Jan, Bartik und Dominika (Rotary Club Krakau Wawel) sowie dem Ortsbürgermeister die Situation. Entlastung durch Abnahme und Unterbringung von Flüchtlingen wäre das Beste, was wir für sie tun können. Er würde auch seinen 22-sitzer Bus stellen und den Sprit bezahlen, wenn wir ihnen nur helfen, die ankommenden Flüchtlingsmassen sicher unterzubringen. Ich war zurückhaltend und machte klar, dass ich das mit der Politik in meiner Heimat klären müsste. Bartik und Dominika wünschten sich zudem Unterstützung für den zivilen Widerstand in der Ukraine. Ich sagte, dass dies für uns als Rotary Club ein No-Go ist, auch wenn ich es persönlich mehr als verstehen kann. Vor Abfahrt hatten mich meine Freunde Kerstin, Thomas und Olli noch mit Bargeld als Unterstützung ausgestattet. Ich reservierte 50 Euro für jeden meiner Passagiere, den Rest übergab ich Bartik und Dominika für Hilfsmaßnahmen vor Ort.
Vier Frauen und ein 16-jähriges Mädchen – das wären meine Passagiere für den nächsten Morgen zur Mitnahme nach Idar-Oberstein. Ich nickte, eine Unterkunft hatte ich zu dem Zeitpunkt noch keine. Abermals 06:30 ging es in Ksiaz Wielki los. Nun zu siebt in unserem Kleinbus. Montags mussten wir mit mehr Verkehr rechnen.
Kaum war es 08:00 Uhr fing ich an zu telefonieren. Ich organisierte Unterbringungen für die 5 Frauen, mein rotarischer Freund Hans-Joachim Billert begann zu klären, wie die Kreis-, Verbandsgemeinde- und Stadtverwaltungen zu unserer Aktion stehen. Zwischendurch informierte ich die Frauen mit Hilfe des Google Translators über den Stand der Dinge. Keine von Ihnen sprach Englisch oder gar Deutsch. Gegen 19:30 Uhr luden wir die ersten Frauen bei ihren Gastgebern ab. Sie wurden sehr herzliche empfangen. Erleichterung machte sich breit.
Ich muss sagen, ich bin sehr stolz auf meine Region und meine Heimatstadt Idar-Oberstein, die alles tun, um die ukrainischen Flüchtlingen und auch Initiativen wie meine bestmöglich zu unterstützen. Hier wurden in kürzester Zeit lange Zöpfe abgeschnitten, so dass wir nach nur 4 Tagen vor Ort, fast alles notwendige zum vorläufigen Verbleib hier erledigen konnten.
Heute, fünf Tage nach der Ankunft in Idar-Oberstein haben wir uns alle bei uns zum Kaffee getroffen. Natürlich gibt es noch viel zu klären, zu erzählen und zu verarbeiten. Das geht gemeinsam bekanntlich am besten.